Am Freitag, den 5.11., fand am Gymnasium Werndlpark ein wissenschaftlicher Vortrag eines ausgewiesenen Experten zum Thema CoViD-19 und der leidigen Impfdebatte statt. Das große mediale Interesse, vor allem aber die Flut an Fehlinformationen, Hass und ideologischen Verwerfungen in den sozialen Medien haben uns überrascht. Dennoch lässt sich daraus viel Positives gewinnen. Eine Zusammenfassung.
Ein ganz normaler wissenschaftlicher Vortrag…
Am Freitag, den 5.11., hielt DDr. Lang, promovierter Biologe und Mediziner, Leiter der Palliativstation am PEK Steyr sowie Corona-Ansprechperson der Klinik, im Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts zwei geblockte wissenschaftliche Vorträge für die Oberstufen-Schüler*innen. Dabei kamen Risiken und Chancen von Impfungen im Allgemeinen genauso zur Sprache wie die Sicherheit und Wirkungsweise aktuell zugelassener CoViD-19-Impfstoffe. Der Vortrag war in zwei Teile gegliedert: Zum einen in einen informativen Teil, in dem wissenschaftlich belegte Fakten genannt wurden, und zum anderen in einen interaktiven Teil, in dem die Fragen der Schüler/innen von DDr. Lang beantwortet wurden.
…und die ganz große Hysterie
Bereits im Vorfeld gelangte die Ankündigung des Vortrags an die Öffentlichkeit. In diversen Telegram- und Facebook-Gruppen wurden zigfach Falschmeldungen und Behauptungen geteilt, die nicht nur jeder Grundlage entbehrten, sondern teilweise auch (in)direkt zu Gewalt gegen die Schule und ihre Vertreter*innen aufriefen oder die wissenschaftlich fundierte Information an unserer Schule in die Nähe von NS-Gedankengut rückten. Österreichweit wurden „besorgte Eltern“ dazu aufgerufen, an unsere Schule zu kommen und „Widerstand zu leisten“ – und das alles auf Basis vermeintlicher (alternativer?) Fakten.
Vor unserer Schule versammelten sich schließlich ein Fernsehteam und Reporter*innen „freier Medien“. Aufgrund der rechtlichen Bestimmungen, die Medienvertreter*innen den Zugang zu Schulen grundsätzlich nur mit Genehmigung der Bildungsdirektion gewähren, wurde den – teilweise aggressiven – Reporter*innen der Zutritt ins Schulgebäude verwehrt. Lautstarke Anrufe diverser Einzelpersonen oder Vereine wurden nach einseitigen verbalen Ausfällen von unseren Sekretärinnen sofort beendet.
Der Faktencheck
Tatsächlich erwiesen sich alle vorab angekündigten „Super-GAUe“ als Social-Media-Enten: Weder war ein Impfbus (der in sozialen Medien zum „Imbus“ mutierte) anwesend, noch gab es zu irgendeiner Zeit des Vortrags einen inhaltlichen oder sozialen Zwang zur Impfung, wie auch die Schüler*innenvertretung des Gymnasiums Werndlpark bestätigt:
„Wir wurden in diesem Vortrag weder zum Impfen gezwungen noch zu jeglichen Handlungen genötigt. Der Vortrag wurde völlig neutral und sachlich abgehalten. Uns wurden sowohl die Vorteile als auch die Nachteile des Impfens – das nicht nur auf das Coronavirus bezogen war – nähergebracht. Wider alle Gerüchte war kein Impfbus an unserer Schule, noch gab es irgendeine andere Impfmöglichkeit in der unmittelbaren Umgebung.“
Keine Impfbusse (auch keine Imbusse – wobei ein Imbiss nett gewesen wäre!), keine „Zwangsbeglückung“, sondern sachliche Information im Rahmen des Unterrichts, kein Zwang und keine Angstmache. Sondern: Fundierte Information – die Grundaufgabe von Schule.
Mit Sisyphus gegen Fake News
Die große mediale Öffentlichkeit, die unsere Veranstaltung verbunden mit zahlreichen Falschinformationen erreicht hatte, konnten wir nicht unwidersprochen stehen lassen. Wir entschieden uns, nicht nur die Löschung der einzelnen Postings zu beantragen, sondern sie sachlich zu widerlegen – eine Sisyphusarbeit, die sich aber durchaus gelohnt hat:
Unsere öffentliche Richtigstellung, die wir in sozialen Medien verteilt haben, ging schnell viral. Zum Zeitpunkt dieses Artikels hält unser Faktencheck bei knapp 10.000 Aufrufen, zudem wurde er alleine über Facebook über 100mal geteilt. Zahlreiche Schüler*innen widersprachen in sozialen Medien mutig den Vorwürfen und Falschmeldungen – nicht selten wurden sie beschimpft oder ihnen abgesprochen, „echt“ zu sein. Als Schule können wir stolz darauf sein, solche mündigen junge Menschen fördern und begleiten zu dürfen. Sie treten – bei aller unterschiedlicher Meinung zu gesundheitlichen Themen – dafür ein, dass sachliche Information, auf deren Basis eine freie Entscheidung erst möglich wird, nicht durch gezielte Desinformation und Lügenkampagnen verunmöglicht wird.
Die vielen positiven Zusprüche und Rückmeldungen zeigen, wie wichtig sachliche Informationen und Bildung sind und bleiben. Diese Bildung heißt für uns unter anderem: Informiert selbstständige Entscheidungen zu treffen, das Hörensagen zu hinterfragen und zwischen falschen und echten Expertisen unterscheiden zu lernen. Heute durften wir erfahren, wie notwendig und wichtig diese Haltung ist - und wie brüchig das Fundament ist, auf dem wir unser Miteinander aufbauen.
Da einige der geteilten Postings nicht nur rufschädigend, sondern teilweise auch strafrechtlich grenzwertig sein dürften – zu lesen war unter anderem der Aufruf, mit dem Baseballschläger weiterzuarbeiten sowie eine Analogie unserer schulischen Tätigkeit zu NS-Verbrechen – werden wir uns rechtliche Schritte natürlich vorbehalten müssen, sofern diese Behauptungen und Verbindungen nicht aus der Öffentlichkeit verschwinden.
Ein Schluss, der Hoffnung macht
Die Diskussionen rund um die Corona-Pandemie zeigen, wie zerworfen und zerrissen unsere Gesellschaft geworden ist. Diese Risse gehen oft quer durch Freundschaften und Familien. Nicht selten haben wir das Gefühl, diese Gräben nicht mehr überbrücken und einander nicht mehr erreichen zu können – und dennoch gibt es sie – diese Momente des Reflektierens, der Einsicht und der Entschuldigung. Ganz besonders freuen wir uns daher, zumindest bei einigen wenigen einen Funken dieser Tugenden erreicht zu haben.