Auch heuer nahmen wieder einige unsere Achtklässler an der Philosophieolympiade teil. Die Texte der zwei Schulsieger/innen Alexandra Derntl 8B und Clemens Nedusch 8C wurden weiter nach Linz zu der Jury des oberösterreichischen Landeswettbewerbs geschickt. Es folgte eine Einladung zu der Preisverleihung am 17.02.2022, die auch heuer wieder online stattfinden musste.
Zu einem der folgenden Themen war ein Essay zu schreiben:
1. Massakrierte Bäume. Häuser erheben sich. Schnauzen, Fratzen überall. Der Mensch wuchert. Der Mensch ist der Krebs der Erde. Emil M. Cioran: Vom Nachteil geboren zu sein. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1979, S.136
2. Die Wissenschaft führt an der Wirklichkeit des Lebens, mit all seinen Farben, all seiner Fülle, seiner widerspruchsvollen Mannigfaltigkeit, völlig vorbei, – sie erhascht von alledem nur eine ganz blasse, dünne Silhouette. Je reiner, je strenger und sicherer ihre Erkenntnismethoden sind, desto bewußter und größer dann auch ihr Verzicht auf das volle, das wirkliche Erfassen selbst des kleinsten Lebensstückchens. Lou Andreas-Salomé: Fenitschka. Eine Ausschweifung, 1898
3. Hass durchflutet die westlichen Demokratien, schwappt aus dem „Netz“ und verändert den Blick auf soziale Realitäten. Hass treibt die politischen Akteure an und vor sich her. Niemand weiß heute, ob dies der Anfang vom Ende des liberalen Rechtsstaates ist. Sicher scheint allerdings, dass man sich ausführlicher mit den Erscheinungsformen des in Massengesellschaften grassierenden Hasses beschäftigen sollte. Denn in ihm wird eine Konstante der menschlichen Natur sichtbar, ohne dessen Zähmung kein Gesellschaftsleben denkbar ist. Peter Strasser: Des Teufels Party. Geht die Epoche des Menschen zu Ende? Wien: Sonderzahl, 2020, S. 27
4. Schönheit ist keine Eigenschaft, die den Dingen an ihnen selbst zukommt; sie existiert lediglich im Geiste dessen, der die Dinge betrachtet. David Hume: Vom schwachen Trost der Philosophie. Essays, Göttingen: Steidl, 1990, S. 7
Clemens schreibt zu dem Zitat von Peter Strasser und formuliert interessante Gedanken zu der Wut und dem Unmut einzelner Bürger/innen in Zeiten der Pandemie. Dabei beweist er eine offene, kritische Haltung und warnt davor, die Bedürfnisse und Gefühle der Menschen nicht entsprechend zu achten.
„Der Kampf gegen den Hass kann daher nur über Zugeständnisse und ein Zukommen auf das Gegenüber, effizient und erfolgreich gelingen. Verkennen unsere Entscheidungsträger diese wichtige Tatsache, mache ich mir Sorgen um den gemeinsamen Umgang in dieser Gesellschaft. Es ist von weitreichender Bedeutsamkeit, die politische Tragweite des kursierenden Hasses in westlichen Demokratien zu verstehen und richtig einzuordnen.“
„Daher sollte mit anders Gesinnten, so abwegig sie auch scheinen mögen, nicht despektierlich Verfahren werden, sondern ein faktenbasierter Dialog gesucht werden.“
Clemens Nedusch 8C
Alexandra widmet sich dem Zitat von David Hume und verurteilt, dass äußere Schönheit als aufstrebender Wert in unserer Gesellschaft zunehmend wichtige Werte verdrängt und vermutet einen Zusammenhang mit der verstärkten Selbstverliebtheit des Menschen.
„Das Internet verklärt die Wahrheit, die Realität vermischt sich mit dem Irrealen und alles was übrig bleibt ist der Schein der Perfektion. Die Einzigartigkeit des Individuums spielt keine Rolle mehr, man wird aufs Äußere degradiert. Die Hülle unserer selbst steht im Mittelpunkt der Gesellschaft und jeder vergisst, dass Schönheit doch eigentlich vergänglich ist.“
Eigentlich ist das Streben nach Perfektion zu vergleichen mit dem Mythos um Narziss. Selbstverliebt läuft der Mensch durch die Welt und versucht krampfhaft einen Zustand zu erreichen, der niemals erreicht werden kann. Wir lassen uns blenden von dem Schein der Schönheit und sehen über grundlegende Dinge hinweg. Theoretisch ist das menschliche Lebewesen jenes, gesegnet mit einer hohen Ausprägung an Intelligenz. Doch so naiv wie Eva sich von der Schlange überreden lässt, die verbotene Frucht des Baumes zu essen, genauso lassen wir uns von unserer Impression des Schönen und Ästhetischen verführen.“
Alexandra Derntl 8B
Ein besonderes Highlight der Preisverleihung, an der 33 Schüler/innen aus Oberösterreich teilnehmen durften, war wieder der Vortrag des Ethikprofessors Thomas Moors zu dem Thema:“ "Katastrophe Mensch? Anthropologie zwischen Dystopie und Hoffnungsschimmer". Danach wurden die Siegertexte prämiert. In diesem Jahr werden sogar vier junge Philosoph/innen für Oberösterreich beim Bundeswettbewerb antreten: Marlies Prinz, Gernot Kosseg, Tesfaye Christopher Müller und Vincent Reisner. Wir gratulieren ganz herzlich und wünschen viel Erfolg!