Am Donnerstag, den 7. April fuhren wir, die 6C und unser Klassenvorstand Prof. Thür sowie Prof. Loos im Rahmen des Deutschunterrichts mit Wien, um an einer Führung durch das barocke Theatermuseum teilzunehmen. Diese kulturelle Bereicherung wurde außerdem durch den Besuch der Albertina Modern ergänzt, wo eine Ausstellung des chinesischen Künstlers und Menschenrechtsaktivisten Ai Weiwei stattfand. Somit wurden nun die Stoffbereiche von 3 Fächern durchquert, Barock in Geschichte und Deutsch, und Ai Weiweis Kunst in der Bildnerischen Erziehung (und natürlich die Bundeshauptstadt in Geographie).
Als Ergebnis einer durchaus langen, aber erträglichen Zugfahrt kamen wir am Vormittag am Wiener Hauptbahnhof an. Nach Einlage einer kurzen Pause zum Erwerb von Proviant und U-Bahn Karten machten wir uns mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg zu unserem Ziel, dem Theatermuseum. Dort angekommen erwartete uns ein freundlicher, älterer Herr, welcher nicht nur Führungen durch das barocke Gebäude gibt, sondern außerdem Schauspieler im hauseigenen Theater ist. Und das merkt man. Jede seiner Bewegungen sah präzise erwählt aus, seine Gestik und Mimik taten es ihnen gleich. Er begrüßte uns und geleitete uns zu den Garderoben, und rief feierlich: „Keine Feier ohne Steyr!“
Ob man den Wortwitz nun gut fand oder nicht, eine gewisse Sympathie konnte ihm wohl keiner absprechen. Er war die Art Mensch, die man gern als Onkel oder Großvater hätte, die Art Mensch, die aus jeder Situation etwas Gutes machen kann.
Erwartungsvoll und wissbegierig, manche mehr als andere, folgten wir unserem Guide durch das lichte, offene Gebäude über elegante Steintreppen hinauf in den ersten Stock, wo wir eine Art gruppendynamisches Kennenlernspiel durchführten, und anschließend durch eine große, schwere Holztür in einen prächtig bemalten Saal wanderten. Auf den Wänden und auf der Decke konnte man prunkvolle Abbilder von halbnackten Frauen und Engeln betrachten, die den verschiedensten Tätigkeiten nachgingen. Männer waren nicht zu sehen, liegt wohl an den Vorlieben der Bauherren und Künstler. Wäre es damals nach den Gattinnen der Reichen und Adeligen gegangen, wären bestimmt auch ein paar muskulöse Typen zu sehen. Ich muss aber wirklich sagen, dass Gemälde des Barocks fantastisch schön sind. Von der Farbenwahl bis zum penibel genauen Strichzug ist alles darauf ausgelegt, den Betrachter ästhetisch anzusprechen. Und das gelingt den damaligen Künstlern meisterlich.
Zurück zur Führung. Wir setzten sich mit Sitzkissen auf den Boden und lauschten den Erzählungen unseres Guides. Zur Freude der einen, zum Leid der anderen lagen nun viele aktive Übungen vor uns, von Charakterbewegungsimitation und Kostümprobe bis zur Fächersprache stand einiges am Plan. Dazwischen verließen wir den Raum kurz, um die im nächsten Stock ausgestellten Nachbildungen von Theaterkulissen zu betrachten, dann ging es weiter im Programm. Am Ende wurden wir noch in der Runde gefragt, wie uns die Führung gefallen hatte und was uns aufgefallen sei. Das Feedback fiel erwartungsgemäß rein positiv aus, was aber meiner Meinung nach auch passend war. Da er fand, dass ich mich bei den Theaterübungen gut angestellt hatte, meinte der Guide außerdem: „Ich könnte dich adoptieren!“, worauf logischerweise Gelächter folgte. Ich glaube aber wirklich, wir hatten Glück mit unserem Guide, er ist ein sehr sympathischer Mensch, der sein Fach beherrscht.
Nach diesem interessanten Abstecher ins Wien des 17. Jahrhunderts wurden wir in die Innenstadt entlassen, wo wir uns in Kleingruppen teilten und etwas aßen. Ich ging mit ein Paar Freunden ins „5 Guys“, ein amerikanisches Lokal mit sehr interessanten Preisen und ein paar sehr lauten lateinamerikanisch wirkenden Köchen. Ein mehr oder weniger angenehmer Ausgleich zur pedanten Feinheit des Barockzeitalters. Man sieht schon, der Auslug war sehr abwechslungsreich und von Gegensätzen geprägt. Nachdem wir im Gastgarten unser Fleisch mit Brot verspeist und uns die tatsächlich sehr rustikal-schmackhaften Pommes geteilt hatten, gingen wir zu McDonalds um noch ein Oreo-Eis zu picknicken, welches in der gleißenden Sonne schnell zu Oreo-Shake wurde.
Nach dieser Stärkung machten wir sich erneut per U-Bahn auf den Weg zur Albertina Modern, wo uns die realitätsbezogene und substanzielle Kunst des Ai Weiwei erwartete. Von einem meterhohen Kreis aus verschmolzenen Fahrrädern bis hin zu imposanten Gemälden aus Lego-Steinen war viel Beeindruckendes zu sehen, aber auch banal wirkende Dinge wie ein Würfel aus Teeblättern, oder am Boden liegende, verbogene Eisenstangen, die erst mit genug Hintergrundwissen ihre tiefgründige Bedeutung preisgeben. Ai Weiwei, welcher aus China stammt und sich wegen seiner gesellschafts- und auch regierungskritischen Kunst schon ohne Gerichtsverhandlung in Haft befand, beschäftigt sich bis heute mit autoritären, menschenverachtenden Systemen, und deren teilweise schockierend geringer Hinterfragung. Mit Korruption und Machtgier, und insgesamt mit der Suche nach Menschlichkeit. So auch der Name der Ausstellung: Ai Weiwei. In Search of Humanity.
Nach dem Theatermuseum, der Kunstausstellung und der imposanten Wiener Altstadt tat es gut, sich in den Zug zu setzen und ein bisschen zu rasten, Musik zu hören oder mit Kollegen zu reden. Es war echt ein cooler Tag, voller Erlebnisse.
Im Namen der Klasse bedanke ich mich bei Frau Professor Loos und Herrn Professor Thür für die Idee und Umsetzung des Ausflugs. Nach dieser langen Zeit des Daheimseins und des beschränkten Kontakts war es wirklich angenehm, mal wieder was als Klasse zu unternehmen.