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Philolympics 2022/2023

Auch heuer nahmen wieder einige unserer Achtklässler an der Philosophieolympiade teil. Die Texte der zwei Schulsieger Maximilian Schlossgangl 8A und Anton Wolfberger 7B! wurden zu der Jury des oberösterreichischen Landeswettbewerbs nach Linz geschickt.  Es folgte eine Einladung zu der Preisverleihung am 15.02.2023, die heuer wieder in Präsenz stattfinden konnte.

Zu einem der folgenden Themen konnte von den Schüler/innen ein Essay verfasst werden:

    1. Wir lieben die Wahrheit, solange sie uns gleichgültig lässt.
      Simone Weil: Cahiers 3, München 1996
    2. Wir müssen auch die Vaterschaft neu diskutieren. […]. Eine Frau soll keinen Mann brauchen müssen, um ein Kind zu gebären. Antje Schrupp: Interview im Spiegel am 13. 8. 2019
    3. Es ist nur ein kleiner Schritt von der Rettung der Welt durch strikte Selbstbegrenzung zu mehr oder weniger harschen Programmen der Umerziehung des Menschen. Ralf Fücks in: Fred Luks: Öko-Populismus. 2014, S. 51
    4. Die diskursive Rationalität wird heute auch durch die Affektkommunikation bedroht. Wir lassen uns zu sehr von schnell aufeinander folgenden Informationen affizieren. Affekte sind schneller als Rationalität. In einer Affektkommunikation setzen sich nicht bessere Argumente, sondern Informationen mit größerem Erregungspotenzial durch. So generieren Fake News mehr Aufmerksamkeit als Tatsachen. Ein einziger Tweet, der Fake News oder ein kontextualisiertes Informationsfragment enthält, ist womöglich wirkungsvoller als ein begründetes Argument. Byung-Chul Han: Infokratie. Digitalisierung und die Krise der Demokratie. Matthes & Seitz: Berlin. 2021, S. 31

Maximilian beschäftigte sich mit dem Zitat von Byung-Chul Han.  Er sucht in seinem Text nach Gründen für die Abnahme der diskursiven Rationalität. Dabei verweist er auch auf die Rolle der Bildung als wesentliche Kraft gegen die zunehmende Affektkommunikation.

„Wenn den Menschen etwa auf Social Media ununterbrochen Neuigkeiten präsentiert werden, schaffen sie es wahrscheinlich kognitiv nicht mehr, gründlich abzuwägen und zu untersuchen, welche davon tatsächlich Richtigkeit besitzen und welche typische Fake News sind. Eine negative Konsequenz dieses Überflusses kann sein, dass durch die Überflutung von ständig wechselnden Informationen ein gewisses Desinteresse entwickelt wird und dadurch Informationen mit einem noch größeren Erregungspotential verbreitet werden müssen, um bei den Menschen überhaupt noch auf Resonanz zu stoßen.“

Maximilian Schlossgangl 8A

 

Anton Wolfsberger schrieb zu dem meistgewählten Zitat von Simone Weil. Er wählt dazu einen provokanten Einstieg, dem gute Ausführungen zu der Wahrheitsverdrängung in Bezug auf die Klimaerwärmung folgen. Dabei stellt er interessante anthropologische Überlegungen an.   

„Erderwärmung? Schrecklich, aber das dicke Auto brauche ich trotzdem für mein Ego, außerdem spende ich ja regelmäßig. Auf diese Art und Weise könnte man die aktuelle kollektive menschliche Psyche, also das tagtägliche Handeln aller Menschen, beschreiben. Uns ist alles egal, solange wir es nicht aktiv zu spüren bekommen. Klimawandel? – „Furchtbar, aber ich möchte trotzdem frische Erdbeeren auch im Winter in mein Müsli.“ Dieses Denken führt nicht nur bei Krisen wie der Erderhitzung, sondern auch bei der Welthungerkrise, dem Spalt zwischen Arm und Reich zu einem Worst-Case-Szenario, sondern letztlich könnte es uns auch unsere Existenz kosten. Schafft es die Klimakrise nicht, so bewirkt es, vorausgesetzt, wir verweilen weiter in diesem Geisteszustand, eine Andere. Können wir es schaffen, diesen kollektiven Geisteszustand zu ändern, oder ist die Menschheit zum Aussterben verurteilt?“ 

Anton Wolfsberger 7A

 

Die Preisverleihung, welche wieder in der Tabakfabrik Linz stattfinden konnte, war gut besucht. Die 32 Schulsieger/innen der teilnehmenden Schulen aus ganz Oberösterreich konnten dabei dem Vortrag des Philosophieprofessors Thomas Mohrs lauschen. Er sprach zu dem Thema „Nahbereichsfalle“ und lud anschließend zu einem Gedankenaustausch ein. Die Schüler/innen nutzen die Gelegenheit zur philosophischen Diskussion und brachten sich ein.   

Nach der Verteilung der Urkunden an alle Schulsieger/innen wurden die Siegertexte prämiert. Die vier Nominierten, die OÖ heuer vom 16.-19. April 2023 beim Bundeswettbewerb (im Bildungshaus St. Magdalena in Linz) vertreten werden, sind:

 

Felix Friedrich, BORG Schärding (bei der Preisverleihung leider verhindert gewesen)

Lisa Schauer, Gymnasium Schärding

Samuel Wagner, Gymnasium Ried im Innkreis

Estera Calin, BORG Linz Honauerstraße (Siegeressay!)

 

Estera Calins Text wurde von der Jury einstimmig als Siegeressay ausgewählt. Die Schülerin aus dem BORG Linz, die zu dem 4. Thema schrieb, beweist in ihrem Text nicht nur unglaubliches sprachliches Talent sondern auch philosophisches Verständnis. Hier eine kleine Kostprobe dieser herausragenden Leistung.

„Man kommt also zu dem Schluss, dass die Wahrheit von der Macht diktiert wird, und wenn die Macht sich auszudehnen sucht, geht sie zur Beschränkung über, indem sie die Illusion der unbegrenzten Wahrheit liefert. Es wird kein Widerstand installiert, es wird eine Art Echokammer gebaut, mit Tausenden von metaphorisch formbaren Spiegeln, damit sich der Narzissmus in jedem Individuum ausdehnen und fortpflanzen kann. Dass Pfeile aus Holz sind, kann man auf der einen Seite des digitalen Sumpfes ausführlich beweisen. Nur einen Klick entfernt kann man sich sicher davon überzeugen, dass Pfeile aus Carbon sind. Die daraus entstehende Debatte zwischen Individuen unterschiedlicher Perspektiven eskaliert in beängstigendem Tempo, denn die so wertvollen Echokammern drohen zerstört zu werden.“

Estera Calin, BORG Linz

Der Siegeressay wird auf www.philolympics.at und in den OÖN erscheinen.

Wir danken allen Schüler/innen für die Abgabe ihrer philosophischen Essays. Thomas Mohrs betonte am Ende seines Vortrags und während der Diskussion mehrmals: „Es muss in den Schulen mehr Philosophie gewagt werden“ – nur so könne sich der Mensch besser verstehen und Lösungen für die aktuellen Probleme unserer Zeit finden. In diesem Sinne danken wir allen Schüler/innen für die Teilnahme an der Philosophieolympiade. Hört nicht auf, kritisch zu sein, euch diskursiv mit euch selbst und eurer Umwelt auseinanderzusetzen. Es braucht ein radikales „Infragestellen“, ein „Zweifeln“ an den Normen, es braucht junge Menschen, die bereit sind, denkend Distanz zu nehmen und Erkenntnisse in ein Handeln umzusetzen.